von Franz Indra
Dieses Mal lief wohl irgendetwas schief: Keine einzige Lösung erreichte die
Redaktion! Das fand ich ausgesprochen überraschend, dachte ich doch, das
Rätsel sei besonders leicht zu lösen. Das nächste Preisrätsel soll daher
außerordentlich interessant werden, um wieder Teilnehmer anzulocken. Da dies aber
seine Zeit braucht, erscheint es noch nicht in dieser Ausgabe.
Zur Erinnerung:
Gesucht war eine Strategie für das Spiel ``Unterbieten'', bei dem die zwei
Spieler jede Runde zugleich eine Zahl von eins bis fünf nennen. Jeder erhält
dann Punkte in Höhe seiner Zahl, es sei denn, die eine Zahl ist um genau eins
tiefer als die andere; in diesem Fall geht der Spieler mit der höheren Zahl
leer aus, der andere jedoch erhält die Summe der beiden Zahlen als Punkte.
Da sich niemand daran beteiligt war, lohnt sich wohl kaum eine genauere
Analyse oder gar das Computerprogramm, das die Strategien testen sollte (es
sind ja nun gar keine da). Vorgestellt wurde ``Unterbieten'' jedenfalls von
Douglas R. Hofstadter unter der Rubrik ``Metamagikum'' im Spektrum
der Wissenschaften 10/1982 (bzw. Scientific American 8/1982). Er
schreibt, daß er es zusammen mit Robert Boeninger im Sommer 1962 während
einer Busfahrt durch Deutschland erfunden habe. Als Strategien bieten sich
z.B. die Analyse des Zugmusters des Gegners an oder eine Art Ködern, indem
man oft hintereinander dieselbe (hohe) Zahl wählt, um - möglichst in dem
Moment, wenn der Gegner diese Zahl unterbietet, - plötzlich die um zwei
niedrigere Zahl zu wählen.
Da es keinen Unterschied zwischen den beiden Spielern gibt, kann es keine
Gewinnstrategie geben. Die beste Strategie im Sinn der Spieltheorie ist also
die des gringsten Risikos, mit der es im Lauf der Zeit also immer
wahrscheinlicher wird, ein Unentschieden zu erreichen. Man erhält sie, indem
man eine Gewinn-/Verlusttabelle aufstellt:
Spieler x 1 2 3 4 5 1 0 -3 2 3 4 2 3 0 -5 2 3 Spieler y 3 -2 5 0 -7 2 4 -3 -2 7 0 -9 5 -4 -3 -2 9 0
Die Einträge der Matrix geben den relativen Gewinn bzw. Verlust des Spielers x bei entsprechender Wahl beider Spieler an. Wählt Spieler x die Zahlen 1, 2, 3, 4 und 5 mit den Wahrscheinlichkeiten a, b, c, d und e, so erwartet Spieler y, falls dieser 1 wählt, der Durchschnittsgewinn 3b-2c-3d-4e. Dieser soll nun für jede Wahl von y minimiert, also auf 0 gebracht werden (ein noch tieferer Wert wäre ja bereits eine unmögliche Gewinnstrategie). Es ergibt sich das Gleichungssystem
3b - 2c - 3d - 4e = 0 -3a + 5c - 2d - 3e = 0 2a - 5b + 7d - 2e = 0 3a + 2b - 7c + 9e = 0 4a + 3b + 2c - 9d = 0
unter der Nebenbedingung
a + b + c + d + e = 1
mit der eindeutigen Lösung a = 10/66, b = 26/66, c = 13/66, d = 16/66 und
e = 1/66. Wählt man mit diesen Wahrscheinlichkeiten, aber ansonsten zufällig
(also unabhängig von allem anderen) seine Zahlen, wird man am ehesten
Ausgleich erreichen.
Zum Schluß stellt Hofstadter noch ein paar Varianten von ``Unterbieten'' vor,
nämlich ``Ködern'', bei dem die Wiederholung derselben Zahl belohnt wird:
Sagt man zum n. Mal hintereinander x, so ist das Punkte wert, egal, wem
sie letzendlich zufallen. Bei ``Unterwältigen'' dagegen wird der
Zahlenbereich auf alle natürlichen Zahlen erweitert. Hier erhält aber nur
derjenige Punkte in Höhe seiner Zahl, der die niedrigere nennt; der andere
geht leer aus. Der Ausnahmefall ist wieder, wenn die beiden Zahlen um genau
eins differieren - dann bekommt der Spieler mit der tieferen Zahl nichts, und
der andere Punkte in Höhe der Summe beider Zahlen. Als Spielziel ist hier
eine festgelegte Summe zu erreichen. Es gibt auch eine Variante für drei
Spieler, bei der nur der Spieler mit der mittleren Zahl Punkte macht. Der
erste Spieler nennt eine Zahl der Form n, der zweite eine der Form n + 1/3 und
der dritte eine der Form n + 2/3, wobei n im Bereich von 1 bis 5 ist. Nach
fünf Runden gewinnt der Spieler mit der mittleren Punktezahl. Möchte man die
Anzahl der Ebenen erhöhen (Gesamtsieger nach fünf Spielen ist derjenige mit
der mittleren Sieganzahl usw.), so sollten die Spieler mit der höchsten bzw.
tiefsten Zahl nicht 0, sondern 0 bzw. 1/3 bzw. 2/3 Punkte (je nach Spieler) erhalten,
damit auch auf höheren Ebenen ein Gleichstand vermieden wird. Vielleicht ist
das ja doch noch für den einen oder anderen Anregung genug, sich ein bißchen
damit zu beschäftigen.
Und hier die Lösung des Rätsels ``außer Konkurrenz'':
Nehmen wir zuerst einmal an, es sollte nur ein Angestellter entlassen werden.
Alle anderen erfahren, wer er ist, nur er selbst nicht. Da er nichts erfahren
hat, kommt er am Abend zum Schluß, daß er allein entlassen werden soll, und
kündigt am nächsten Tag.
Sollen stattdessen zwei Angestellte entlassen werden, so erfährt jeder den
Namen mindestens einer anderen Person, die entlassen werden soll, und keiner
fühlt sich in Gefahr. Die beiden Betroffenen glauben, daß der jeweils andere,
von dessen bevorstehender Entlassung sie ja wissen, den Gedankengang des
ersten Falls nachvollzieht und kündigt. Als jedoch niemand an diesem Tag
kündigt, kommen beide zum Schluß, daß der jeweils andere auch von jemandem
wisse, dem gekündigt werden soll; da sie selbst nichts davon gehört haben,
müssen der jeweils der zweite sein. Also kündigen beide am zweiten Tag.
Diese Überlegung läßt sich beliebig lange fortsetzen. Es werden x
Angestellte entlassen, und alle diese kündigen nach x Tagen.
Franz