Folgender Text wurde auf der Sitzung (6.2.96) des Studentischen Rates der TU München verabschiedet:
Die geplante Reform des Bayerischen Hochschulgesetzes zeigt, daß Reformbedarf an
den Hochschulen vorhanden ist. Die bisherigen Vorschläge gehen jedoch an den
Bedürfnissen der Hochschulen vorbei.
Die Hochschulen sollen freier und unabhängiger werden. Die geplante Reform würde
es aber mit sich bringen, daß nicht nur die Studierenden, sondern auch
Professorinnen, Professoren, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hochschulen in
ihren Freiheiten eingeschränkt werden. Ihre Mitwirkungsmöglichkeiten würden
beschnitten. Eine zu hohe Konzentration von Befugnissen ist gefährlich und
entspricht nicht unserer Vorstellung von Demokratie. Daher lehnen wir die
bisherigen Vorschläge für die Reform ab.
Entscheidungsbefugnisse müssen in kleinen, effizient arbeitenden, aber
demokratisch kontrollierten Gremien liegen, an denen die Studierenden paritätisch
mit Stimmrecht beteiligt sind.
Die Studierenden lehnen es ab, alle wichtigen Kompetenzen vom Senat auf das
Leitungsgremium der Hochschule zu übertragen. Die momentane Situation, daß im
Senat ein Kompromiß zwischen den einzelnen Fachbereichen gefunden werden muß,
wird für gut befunden, denn so finden auch kleine Fachbereiche Gehör. Die
Verlagerung wird abgelehnt, weil eine demokratische Kontrolle der Entscheidungen
nicht gegeben wäre und der jetzt schon geringe Einfluß der Studierenden weiter
verringert würde. Dies insbesondere, da die Mitglieder des Hochschulrates ohne
Mitbestimmung des Senates eingesetzt würden.
Das Einholen des Sachverstandes von Vertretern auch aus der Wirtschaft wird
befürwortet, jedoch darf dies nicht über eine reine Beratungsfunktion
hinausgehen, und es wird für sinnvoller erachtet, dies auf jeweiliger
Fakultätsebene geschehen zu lassen.
Die Studierenden unterstützen die Erweiterung der Finanzautonomie der
Hochschulen.
Die Austauschbarkeit von Sachmitteln und Personalmitteln wird begrüßt, jedoch nur
als kleiner Schritt in die richtige Richtung gesehen. Die Vergabe von Mitteln in
Form eines Globalhaushaltes wird angestrebt, so wie es auch von den Hochschulen
befürwortet wird. Die Verteilung der Mittel auf die einzelnen Fakultäten soll der
Senat beschließen. Über die Aufteilung zwischen Personal und Sachposten soll in
den jeweiligen Fakultäten entschieden werden.
Weiterhin fordern die Studierenden die Veröffentlichung einer Übersicht über die
Ausstattung der einzelnen Lehrstühle. Auf diese Weise soll eine Benachteiligung
von einzelnen Lehrstühlen verhindert werden. Angestrebt wird eine
Mindestausstattung aller Lehrstühle.
Die Vereinfachung der Übertragbarkeit von Mitteln in das nächste Haushaltsjahr
wird begrüßt, dies darf jedoch nicht zu Kürzungen in späteren Jahren führen.
Die Einführung hochschulspezifischer Auswahlkriterien im örtlichen und
landesweiten Auswahlverfahren für Studienbewerberinnen und Studienbewerber wird
abgelehnt. Das Abitur als allgemeine Hochschulreife ist ausreichender Nachweis
für die erforderliche Allgemeinbildung.
Die Kooperation innerhalb der Hochschulen und zwischen den Hochschulen muß
ausgebaut werden. Forschung lebt nicht von Konkurrenz, sondern von Zusammenarbeit.
Es ist falsch, einheitliche Kriterien für die Bewertung von Lehr- und
Forschungsbetrieb festzulegen, die maßgebend für die Mittelvergabe sind. Die
Definition von Leistung differiert in den einzelnen Fachbereichen zu stark. Es
ist eine individuelle Bewertung notwendig.
Eine Anpassung an strukturelle Bedürfnisse des Arbeitsmarktes ist gefährlich.
Den ständig wechselnden Anforderungen des Arbeitsmarktes entspricht es nicht,
ein hohes Maß von bald überholtem Spezialwissen zu vermitteln.
Hochschulabsolventinnen und -absolventen müssen vielmehr über fachliche und
außerfachliche Schlüsselqualifikationen verfügen und flexibel auf neue
Anforderungen reagieren können. Das Angebot der Hochschule muß dahingehend
erweitert werden.
Die Studierenden begrüßen Bestrebungen zur Verbesserung von Lehre und Studium.
Als wichtig wird die Optimierung der Studienberatung und Studierendenbetreuung
und die weitere Einführung von Tutorien erachtet.
Die Einführung von verstärkt studienbegleitenden Prüfungsteilen und
Freiversuchsmöglichkeiten wird gefordert. Mindestens notwendig ist das Ablegen
von Vor- oder Zwischenprüfungen.
Die Einführung von Lehrberichten auf Fachbereichsebene und Beteiligung der
Studierenden an der Bewertung von Lehrveranstaltungen wird sehr befürwortet,
einen wirklichen Erfolg kann man allerdings nur mit einer Veröffentlichung der
Ergebnisse erzielen.
Ebenso unterstützen die Studierenden die Einführung von Studiendekanen zur
Verbesserung und Koordination der Lehre. Es muß aber darauf hingewiesen werden,
daß für eine sinnvolle Umsetzung die Ausstattung des Studiendekans mit
zusätzlichen Mitteln und Kompetenzen notwendig ist.
Die Studierenden lehnen die Einführung von Studiengebühren auch für
Langzeitstudierende ab. Langzeitstudierende belasten die Hochschule nicht
zusätzlich, da auch sie die verschiedenen Angebote der Hochschule nur einmal
nutzen, genauso wie alle anderen Studierenden.
Die Internationalisierung des Studiums wird grundsätzlich begrüßt. Als überaus
wichtig wird erachtet, daß im Ausland erbrachte Studien- und Prüfungsleistungen
im jeweils eigenen Bildungssystem anerkannt werden. Die Studierenden fordern, daß
die deutschen Hochschulen nicht nur für ausländische Studierende interessanter
werden, sondern daß auch die Angebote für deutsche Studierende ausgebaut werden,
an ausländischen Hochschulen zu studieren.
Die Verbesserung der Kompatibilität des deutschen Studiensystems mit dem
angelsächsischen System ist sehr problematisch. Die Einführung von Bachelor- bzw.
Masterabschlüssen würde zu einer kompletten Umkehr unseres heutigen
Studienaufbaus führen und würde keine einer Hochschule angemessene umfassende
Bildung erlauben.
Auch werden Absolventen mit Bachelor von den Unternehmen nicht gewünscht. Die
Rolle einer praxisnahen Ausbildung übernimmt im deutschen Hochschulsystem die
Fachhochschule.
Die Reform des Hochschulgesetzes darf nicht zum Ziel haben, an den Hochschulen weitere Mittel einzusparen. Die Studierenden fordern vielmehr, die Ausstattung der Hochschulen in Zukunft zu verbessern. Das Wissen und die Ausbildung unserer Hochschulabsolventen ist unsere wichtigste Ressource.
Der Studentische Rat der TU München