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Abenteuer FOPRA von Christian Maier

Der Physikstudent: Jäger und Sammler

Auf der freien Wildbahn (Physikdepartment) ist der angehende Physiker (zoolog.: physicus studiosus) bekanntlich vielen Widrigkeiten ganz unterschiedlicher Natur ausgesetzt, die sich zwischen ihn und sein Ziel (Diplom) stellen. Die schwierigsten Hürden hat er im Vordiplom aufgrund seines für ihn typischen eisernen Überlebenswillens (hoffentlich schon) überwunden. Seinen natürlichen Feinden (z.B. Kreißl) entkam er ein ums andere mal und erreicht glücklich das Hauptstudium. Vorbei das mühsame Sammeln von Hausaufgabenpunkten! Vorbei das Jagen nach der allesrettenden 4,0! Sein neues Revier hält dem Physikstudenten offenbar sehr günstige Lebensbedingungen bereit. Er kann sich nun frei entfalten, seine eigenen Schwerpunkte setzen und das Tempo seines Studiums selbst bestimmen. Von Feinden ist weit und breit nichts zu sehen. Doch der Schein trügt: Während im alten Revier (Grundstudium) die Feinde offen und geradlinig agierten, arbeitet der neue Feind im Verborgenen. Seine Aktionen sind ungerichtet und doch tödlich, sein Vorgehen variantenreich und unvorhersehbar. Sein Name ist: Verwaltung. Durch die Wirrnisse bei der Einführung der neuen Studienordnung wurden diesem Feind neue Möglichkeiten eröffnet, seine Neigung zum Chaos unter Beweis zu stellen (Advisorschein,Vertiefungsfächer...). Nach und nach gewöhnte ich mich an den neuen Feind und sein facettenreiches Spiel. Doch vor kurzem überraschte er mich aufs neue: Durch das vorzeitige Ausscheiden eines Mitgliedes meiner FOPRA-Gruppe aus dem Studium konnten wir (der dritte im Bunde und ich) unseren 12. Versuch nicht mehr rechtzeitig abschließen, so daß dieser Versuch verfiel. Dagegen ist auch nichts einzuwenden. Wir gingen also zur für unsere ehemalige Gruppennummer zuständigen Sekretärin, um einen neuen Versuch als Ersatz für den verfallenen anzumelden. Auch das war noch kein Problem. Weil wir nun schon mal da waren, fragten wir auch noch, ob die anderen 5 Versuche des letzten Semesters (WS 96/97) ,,schon`` von den jeweiligen Praktikumsbetreuern an sie gemeldet worden sind (unseren letzten Versuch schlossen wir vor 3 Wochen zur Deadline 31.5.97 ab). Und siehe da: es waren tatsächlich nur 4 Versuche gemeldet worden. Nach dem ersten Schrecken kam in uns der Verdacht auf: wenn bei den letzten 6 Versuchen einer nicht gemeldet wurde, dann könnte es doch sein, daß bei den ersten 6 dasselbe passiert ist. Wir also los zur nächsten Sekretärin (wir unterstanden bei den ersten 6 Versuchen im SS 96 einem anderen Professor) und fragten erneut, ob unsere Versuche gemeldet wurden. Und tatsächlich - ihr ahnt es sicher - auch hier sagt man uns, daß von den 6 Versuchen nur 5 gemeldet wurden. Wir waren natürlich restlos begeistert und machten uns sofort ans Werk, unsere ,,verlorengegangenen`` Versuche wieder einzusammeln. Wir gingen zu den Betreuern der verschollenen Versuche (Glück im Unglück: beide waren noch am Institut, was nach 8 Monaten bei Doktoranden nicht selbstverständlich ist) und klopften auf den Busch. Beide sagten, sie hätten die Versuche weitergeleitet bzw. einem anderen aufgetragen, sie weiterzuleiten (jetzt wurde mir einiges klar). Bei dem einen Doktoranden kam noch ein Kumpel dazu, der anscheinend auch einen Versuch betreut. Er sagte, daß es ihm auch manchmal passiere, daß er vergesse, einen Versuch weiterzuleiten (ahaaaaaa!). Beim anderen Betreuer hieß es, daß der Meldezettel vielleicht in der Hauspost verschollen ist. Was auch immer zu diesem Chaos geführt haben mag, es wundert mich jedenfalls nicht, daß so etwas passiert, wenn ich bei so manchem Betreuer gesehen habe, in welch unergründlichen Ecken ihres Zimmers unter noch unergründlicheren Papierstapeln die Unterlagen für den ihnen anvertrauten Versuch oftmals hervorgekramt wurden. All das zeigt mir, welchen Stellenwert diese Arbeit bei einigen Betreuern hat (nämlich gar keinen). Ich muß zugeben, daß ich das sogar irgendwie verstehe. Für die Doktoranden ist so eine Versuchsbetreuung meist eine aufgezwungene Last, die sie von der Arbeit abhält. Aber die Studenten haben darunter dann auch zu leiden. Der langen Rede kurzer Sinn: Ich kann nur jedem Praktikumsteilnehmer wärmstens empfehlen, jeweils 2 bis 3 Wochen nach Abschluß des 6. und 12. Versuches die zuständige Sekretärin aufzusuchen und zu fragen, ob alle bisherigen Versuche gemeldet worden sind. Ferner solltet ihr bei jedem Betreuer nach dem Colloquium noch einmal betonen, daß er den Versuch baldmöglichst weiterleiten soll. Es kann durchaus passieren, daß der gar nicht weiß, daß er das tun soll (und stattdessen die Versuche bis zum Semesterende ,,hortet``)! Nahezu selbstverständlich sollte die gewissenhafte Führung und Aufbewahrung eures Laufzettels sein. Er ist im schlimmsten Fall euer einziger (!) Nachweis, daß ihr denVersuch abgeschlossen habt. Stellt euch vor, ihr meldet euch zur DHP II an im treuen Glauben, eure 12 Versuche komplett zu haben, und werdet dann aufgrund einer solchen Schlamperei abgewiesen bzw. habt endlose Scherereien mit allen möglichen Leuten.

Deswegen: Vorbeugen statt ,,Sch...`` brüllen !!!

Christian Maier


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