<<<| Inhalt| andere Ausgaben |>>>

Spohn

Interview mit dem Dekanskandidaten Herrn Spohn

von Martin Demel und Jutta Kiener
E-mail: demel@fs.tum.de, kiener@fs.tum.de

FS: Herr Spohn, Sie sind als Dekan nominiert. Könnten Sie sich und ihr Arbeitsgebiet kurz vorstellen?
Herr Spohn: Ich habe hier an der LMU Physik studiert und war nach der Promotion für fünf Jahre in den USA an verschiedenen Universitäten, unter anderem Princeton und Rutgers University, und in Frankreich. 1982 bin ich wieder zurück an die LMU als Professor in der Physik. Dort war ich dann 15,5 Jahre und bin jetzt seit 1998 an der TU. Offiziell vertrete ich das Arbeitsgebiet Angewandte Wahrscheinlichkeitstheorie. Meine eigenen Interessen gehen in Richtung mathematische Physik, aber sehr stark dominiert von Fragen der statistischen Mechanik. Da kommt dann ganz automatisch auch die angewandte Wahrscheinlichkeitstheorie mit 'rein.

Kontakte

FS: Wenn Sie als Dekan gewählt werden, vertreten Sie ja die ganze Fakultät und damit auch deren Studierenden. Wie stellen Sie sich eine Zusammenarbeit mit den Studierenden allgemein und mit der Fachschaft und den FBRs im Speziellen vor?
Herr Spohn: Das ist ein bißchen schwierig, weil ich bisher da noch wenig Erfahrung habe. Zunächst würde ich mal denken, daßman die Zusammenarbeit im Rahmen des Fachbereichsrats bewerkstelligt, so wie das auch vorgesehen ist. Da haben Sie ja auch ihre Vertreter. Es können natürlich immer wieder Sachen passieren, die man dann etwas weniger offiziell durchziehen will. Da müssten mich die Studenten direkt ansprechen, um das gemeinsam auf den Weg zu bringen.

FS: Könnten Sie es sich auch vorstellen, eine Dekanssprechstunde speziell für Studierende zu machen?
Herr Spohn: Die Frage ist, ob das sehr effektiv ist. Als Dekan vertritt man einen großen Personenkreis. Wahrscheinlich ist es dann sinnvoller, wenn die Anliegen der Studenten von der Fachschaft gebündelt vorgebracht werden. Zu kleine Aktionen sind wahrscheinlich nicht sehr effektiv.

Garching

FS: Der Umzug nach Garching steht ja bevor. Welche Ziele würden Sie für Garching gerne erreichen?
Herr Spohn: Bei Garching sind vor allem zwei Sachen zu beachten. Die erste Sache ist, daß der Umzug nach Garching schlichtweg notwendig ist. Irgendwann ist die Entscheidung getroffen worden, die Naturwissenschschaften in Garching zu sammeln. Da kann die Mathematik nicht hier im Zentrum bleiben. Über den Zeitpunkt kann man sich ein wenig streiten. Durch die Umbaumaßnahmen und die Asbestsanierung hat sich der jetzige Zeitpunkt aufgedrängt.
Der andere Aspekt ist, wie der Neubau in Garching dann wirklich durchgeführt wird. Da gibt aus meiner jetzigen Sicht vermutlich ein sehr großes Defizit: Die Belange der Studierenden und der Leute, die da draußen arbeiten, kommen zu kurz.

FS: Was meinen Sie dabei mit Belange?
Herr Spohn: Es hat niemand wirklich daran gedacht, daß das Umfeld in Garching ganz anders ist als hier. Es sollte ausreichende Arbeitsmöglichkeiten für die Studenten in Garching geben. Es gib zwar hier in der Innenstadt auch nicht so viele, aber das entspannt sich dadurch, daß die Wege einfach viel kürzer sind. Man hat mit den vielen Räumlichkeiten, die es hier in der Innenstadt gibt, natürlich viel mehr Ausweichmöglichkeiten. In Garching wird das vermutlich nicht so sein.
Ein weiterer Punkt ist die gute Anbindung an die Stadt. Aber auch das scheint wieder etwas eingeschlafen zu sein. Da gab es mal den Bürgerentscheid in Garching, bei dem man dachte, daß die U-Bahn jetzt gebaut wird, aber die Sache scheint weiter vor sich hin zu schlummern.
Eine weitere Sache ist: Warum werden in Garching keine Studentenheime gebaut, warum ist die einzige Versorgung mit Essen dort die Mensa, warum gibt es keine privaten Betreiber, die dort auch mal ein Cafe oder so etwas aufbauen können? Das sind Sachen, die wir hier in der Innenstadt für völlig trivial und offensichtlich halten, die einfach da sind und die keiner zusätzlichen Anstrengung von Seiten der Universität bedürfen. In Garching ist das alles schlichtweg nicht vorhanden. Ich finde es schade, daß man mit dem Neubau, der ja schließlich die vierte und fünfte Fakultät in Garching ansiedelt, immer noch kein Konzept hat, so etwas zu machen.

FS: Glauben Sie, daß Sie dann als Dekan eine Möglichkeit hätten, da etwas zu machen?
Herr Spohn: Ich war in der Vergangenheit in diese Sachen nicht eingebunden. Aber die Mathematik hat immer wieder auf meine Punkte hingewiesen. Soweit ich es mitbekommen habe, wird dies aber, von welcher Seite auch immer, abgeblockt.

FS: Gibt es denn irgendwelche Sachen, bei denen Sie, wenn Sie als Dekan gewählt werden, sagen würden: "`Das möchte ich für Garching erreichen!"'?
Herr Spohn: Da bin ich sehr realistisch. In dem von der Universität und dem Staat vorgegebenen Rahmen kann man natürlich versuchen, etwas zu optimieren. Das muß man von Fall zu Fall sehen. Aber an dem globalen Konzept, so wie es jetzt steht, etwas zu ändern, da haben die Dekane zu wenig Einfluss.

FS: Wir ziehen ja erst in 2 Jahren nach Garching und sind davor noch eine Zeit lang in der Innenstadt. Gibt es hier noch Sachen, die sie gerne verändern würden?
Herr Spohn: Naja, das wird gelähmt, weil jetzt alles nach Garching starrt. Aus meiner persönlichen Erfahrung würde ich denken, daß z.B. die Tafeln besser sein könnten. Auch die Vorlesungsräume sind zum Teil in einem Zustand, der renovierbedürftig ist. Aber es macht natürlich keinen Sinn, jetzt zwei Jahre vor dem Umzug da noch Geld reinzustecken.

Eigene Forschung und Verpflichtungen

FS: Welchen Stellenwert würden Sie Ihrer Forschung während Ihrer Amtszeit als Dekan noch geben?
Herr Spohn: Das ist ein etwas schwieriges Kapitel. Für mich hatte und hat die Forschung immer einen extrem hohen Stellenwert. In dieser Zeit müsste ich dann wohl etwas kürzer treten. Wie es dann in der Praxis aussieht, bleibt abzuwarten.

FS: Im Moment sind Sie ja Vorsitzender des Prüfungsausschusses. Wie könnten Sie sich vorstellen, daß das weitergeht? Würden Sie immer noch Vorsitzender bleiben?
Herr Spohn: Sicherlich nicht. Im Detail haben wir da noch nicht darüber gesprochen. Aber ich bin ja nicht der einzige im Prüfungsausschuss. Wenn die Dekanswahl entschieden ist, müsste man ggf. überlegen, wer den Vorsitz übernimmt. Daß ich beides gleichzeitig mache, das scheidet für mich aus.

Bachelor, Master

FS: Wir haben ja auch die relativ neuen Studiengänge Bachelor und Master. Was halten Sie von diesen Studiengängen?
Herr Spohn: Sie sind ja wirklich noch sehr neu und von politischer Seite stark gewünscht gewesen. Ich denke, ein Manko unserer Studiengänge ist, daß sie sehr lange dauern. Nach dem ersten Jahr gehen zwar einige weg, aber die, die bleiben, gehen doch eine Verpflichtung von fast sechs Jahren ein, wenn wir mal realistisch sind. Das ist schon eine relativ lange Zeit. Man kann zwar nach dem Vordiplom aufhören, aber das ist ein uniinterner Abschluss, der keinen offiziellen Charakter hat. Man muß also wirklich sein Diplom machen, weil das der erste nach außen gültige Abschluss ist. Sechs Jahre sind eine lange Zeit. Wenn man aber jetzt die Möglichkeit hat, nach drei oder vier Jahren zu sagen, jetzt ist man fertig, dann würde ich denken, das ist berechtigt. Ob der Bachelor genau diese Funktion haben wird, da bin ich mir nicht so sicher. Vielleicht ist es aber auch einfach zu früh. Man sollte vielleicht noch etwas warten, wie die Akzeptanz von diesem Abschluss ist.
Natürlich sind da immer zwei Sachen. Zum einen: Was zählt der Abschluss nach außen hin? Das können wir von der Universität relativ wenig beeinflussen. Die andere Frage ist: Ist das eine einigermaßen in sich abgeschlossene Einheit? Das Diplom ist über viele Jahre gewachsen und hat durch die lange Tradition insgesamt einen in sich schlüssigen Rahmen. Bei dem Bachelor und Master habe ich den Eindruck, daß man vom Diplom einfach die letzten zwei Jahre wegschneidet. Ich habe auch kein Patentrezept, das anders zu machen, aber so passiert es de facto im Moment. Ob das dann eine in sich geschlossene Studieneinheit ist, das muß die Praxis zeigen.
Auf der anderen Seite, man lernt nie aus, und wo dann im Studium die Zäsur gesetzt wird, hat auch eine gewisse Beliebigkeit. Ich würde denken, jetzt haben wir das eingeführt und müssen erst mal schauen, wie solche Studiengänge akzeptiert werden und sich entwickeln. Ich würde aber schon denken, daß man sich dann nach vier Jahren wieder zusammensetzt und alles noch mal überdenkt.

FS: Was halten Sie von der Durchlässigkeit von Diplom zu Bachelor?
Herr Spohn: Da haben wir bisher sehr wenige Fälle gehabt.

FS: Aber die werden wohl bald mehr werden.
Herr Spohn: Wir haben das jetzt, glaube ich, so festgezurrt, daß, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, man mit dem Vordiplom Mathematik ohne zusätzliche Prüfungen sofort beim Bachelor weitermachen kann.

FS: Die Durchlässigkeit ist also gegeben?
Herr Spohn: Wir denken, das ist ein absolutes Muß. Die Gefahr ist ohnehin, daß wir uns zu stark zerfächern. Das macht in der Sache gar keinen Sinn. Es ist immer die gleiche Mathematik. Warum soll dies in fünfzig Unterdisziplinen aufgeteilt werden? Bis zum Vordiplom haben wir schon drei Studiengänge. Auch da müssen wir darauf achten, daß wir guten Gewissens sagen können, derjenige, der Finanzmathematik macht, darf automatisch auch Mathematik weiterstudieren. Wenn wir dort schon ein kompliziertes Hürdensystem einführen, ist das schlecht. Wir müssen sagen, jetzt vergessen wir die Details;die Leistung ist erbracht und man dann darf sozusagen nach Wahl weiterstudieren. Ich halte überhaupt nichts davon, daß es dann noch fünfzig Zusatzbedingungen gibt. Diese Schwierigkeit haben wir schon, wenn Leute von außerhalb der TU kommen. Was erkennen wir an? Man muß natürlich auch schauen, daß das gerecht geregelt ist, aber ich denke, die Tendenz sollte eher dahin gehen, daß das Vordiplom ein Schnitt ist, evtl. noch mit einer Zusatzbedingung, aber nicht mit einem zu mikroskopischen Regelwerk.

Reformfakultät

FS: Wir sind seit einem Jahr eine Reformfakultät. Wie stehen Sie dazu?
Herr Spohn: Das war sicher ein Glücksfall. Herr Gritzmann will das Projekt die nächsten vier Jahre weiterführen. Grundsätzlich ist es ein enormer Gewinn, ganz ohne Frage. Ich denke, daß es auch im Rahmen der Fakultät Kräfte freigesetzt hat und neue Möglichkeiten eröffnet hat, die vorher einfach nicht da waren. Insgesamt ist es auch unter den verschiedensten Aspekten für die Studierenden bestimmt positiv.

FS: Sind auch Reformen dabei, die Sie persönlich gerne weiter forcieren würden?
Herr Spohn: Ich bin selbst federführend, für das Projekt der Begutachtung der Fakultät. Das werde ich vermutlich in irgendeiner Form weiterführen. Bei den anderen Projekten war ich mit beteiligt, aber nicht federführend. Bei der Begutachtung geht es darum, daß wir uns selbst sinnvoll einschätzen, auch Möglichkeiten aufzeigen, wie es in der Zukunft weitergehen soll. Das ist das Hauptziel. Wenn wir da von außen kompetenten Rat bekommen, kann das mit Sicherheit kein Schaden sein.

FS: Gibt es auch Projekte, bei denen Sie sich, wenn Sie als Dekan gewählt werden, verstärkt einbringen möchten? Herr Spohn: Nun gut, als Dekan bin ich vermutlich sowieso in vielen Projekten beteiligt. Verstärkt würde ich im Moment nicht sagen. Aber das ist auch etwas, was sich dann erst zeigen muß.

Warum gerade Sie?

FS: Abschließend noch eine Frage: Warum sind Sie besonders für das Amt des Dekans geeignet?
Herr Spohn: Na gut, das setzt voraus, daß ich mich für besonders geeignet halte.

FS: Zumindest haben Sie sich aufstellen lassen.
Herr Spohn: Richtig. Ich denke, es ist wichtig, daß die Fakultät durch einen Dekan vertreten wird, der sich um die ganzen Sachen kümmert. Das muß auf einer etwas höheren Ebene sein, sonst funktioniert das im inneruniversitären Rahmen nicht so gut. Dann schaut man sich um und stellt fest, daß die Zahl der Personen, die dafür in Frage kommen, eher klein ist. Die ältere Generation hat ihren großen Beitrag schon geleistet, d.h. es kommen die Leute dran, die in den letzten drei, vier Jahren berufen worden sind. Dann gibt es unterschiedliche Schwerpunkte und Interessenslagen. Bei diesen Randbedingungen bleiben nicht sehr viele Personen übrig. Im wesentlichen ist es ein Akt der Verantwortung gegenüber der Fakultät, daß ich mich bereiterklärt habe, zu kandidieren.

FS: Sehen Sie es dann eher als ein 'Muß' denn als eine freiwillige Aktion?
Herr Spohn: Nein, ich würde sagen, eine Kombination. Einerseits sehe ich es als Pflichterfüllung, andererseits als eine Möglichkeit, auf diese Weise den Dampfer so etwas zu lenken.

FS: Herr Spohn, wir bedanken uns für dieses Gespräch.

Martin und Jutta

<<<| Inhalt| andere Ausgaben |>>>